Stammtischzeit
Ja, die Zeit war wie im Fluge vergangen. Wir hatten die gesamte Woche gedürstet,die Erfahrungen, welche wir in den vergangenen Tagen mit den lieben Frauen gesammelt hatten,so richtig schön am Stammtisch breit zu tratschen.
Aber, dass ist ja am Ende ein wenig falsch ausgedrückt. Frauen tratschen, Männer würden das niemals tun. Sie würden höchstens ein ganz klein wenig über die in diesem Zusammenhang
bestehende Probleme diskutieren und nach gemeinsamen Lösungsmöglichkeiten suchen.
Es ist Freitag Abend
Stammtischzeit.
Der Karl-Heinz,
der Hans-Dieter,
der Klaus-Dieter
und ich
sind für tiefgründige Diskussionen bereit.
Wir reden über Frauen,
Männer, die sich nach Liebe sehnen,
sich doch so gern an eine breite Frauenschulter lehnen.
Testen das eine oder andere Bier.
Wo können wir Mensch sein?
Unter uns Männern allein?
In unserer Lieblingskneipe hier!
Stammtischzeit.
Stunden später ausgelaugt und breit.
Wir waren doch wirklich vier gut aussehende Wonneproppen, stellte ich wiederum in einem durch die Runde kreisenden Blick fest.
Karl-Heinz hatte einen langen ausgeleierten Rollkragenpullover mit
Karomustern an. Den trug er meiner Ansicht nach schon bei unseren frühen Diskussionsrunden im Studentenclub vor mehr als dreißig Jahren.Qualität hat halt Bestand.
So ist das mit Pullovern, wie auch mit Frauen.
Sie brauchen nach einigen Jahren mal wieder eine Auffrischung, obwohl sie längst ausgewechselt werden müssten.
Dieder brachte uns die erste Runde Bier und erzählte auch gleich warum er den ungewöhnlichen Namen inne hatte.
Seine Mutter wusste kurz vor der Geburt noch nicht, ob es ein Die
oder ein Der werden würde und so nannte sie ihn kurz entschlossen Dieder und so blieb es dann auch bei diesen Namen.
Ich muss ehrlich sagen, ich weiß es heute auch noch nicht und schaute ihn kritisch über den Brillenrand an.
Er lachte verlegen und sagte, das diese Runde aufs Haus geht.
Na dann runter mit dem Scheiß, brüllten wir übermütig und jagten den kurzen gelben Strom in uns hinein.
Karl-Heinz ließ von allen hörbar einen kräftigen Rülpser los und nörgelte auch gleich wieder. „Seit den Tagen, wo ich sagte ich bleibe zu Hause, da Brigitte nun einmal einen gut bezahlten Job hatte, seit dem hat sich in meinem Leben so viel verändert. Frauen sind ja so unordentlich, lassen überall und alles irgendwo herum liegen und der Blöde muss es dann wieder wegräumen. Erst gestern habe ich fünf Strumpfhosen in der Wohnung verteilt gefunden und in die Wäsche gelegt“.
„Da haste bestimmt ooch meene gefunden“, warf Hans-Dieter ein und alle schauten ihn erstaunt an.
Keiner wollte aber eine nähere Erklärung von ihm haben, denn wir wussten ja, Hans-Dieter war manchmal ein wenig seltsam.
So beließen wir es bei dem Einwurf und wanden uns lieber wieder der Schlampigkeit der Frauen zu. Ich hatte auch festgestellt, wenn ein derartiges Geschöpf mal meine Wohnung aufsuchte oder gar darin nächtigte, hatte ich meine Probleme sofort auf dem Tisch.
Wenn sie mal die Pipibox benutzten, klappten sie den Klodeckel nicht runter, sie machten keine Zahnpastatube wieder zu und überall standen dann auf einmal leere Bierflaschen rum.
Bei mir standen nicht einmal irgendwo volle Rum.
Sie hatten gar keine Chance dazu.
Alle pflichteten mir bei, denn so etwas ähnliches hatten sie auch schon erlebt. Frauen, sagten wir dann Kopf nickend, Frauen, kennst du eine, kennst du alle.
Klaus-Dieter, der perfekte Hausmann, sagte, wenn er zu seiner Heidemarie kommt, dann muss er erst einmal Fenster putzen, Staub saugen und Staub wischen. Hör doch auf, sagte ich. Wenn du nur einmal nicht nur zur Heidemarie kommen würdest, sondern einmal mit ihr, dann würde sie bestimmt diese Aufgaben gern auch allein übernehmen.
„Das stimmt gar nicht“, rief Klaus-Dieter völlig aufgelöst, „ich mache
das doch gerne für Heidemarie, da bleibt dann immer keine Zeit mehr für das andere!“
Wie er das schon sagte, für das Andere. Als wenn Sex das Andere wäre.
„Sex ist halt Sex und Putzen ist Putzen und Punkt, sagte ich darauf hin und fügte hinzu, „poppe mal mit ihr und ihr ist völlig egal wie die Wohnung aussieht“ .
So sind sie nun mal, die lieben Frauen, sie müssen nur in Bewegung gehalten werden.
Da kommen sie nicht auf dumme Gedanken.
Klaus – Dieter gab sich aber noch nicht geschlagen. Außerdem, unternehmen wir ja sehr viel gemeinsam.
Wir fahren oft zusammen einkaufen oder ich laufe mit Heidemarie zur Tankstelle, um unsere Bier Vorräte wieder aufzufüllen. Sie lächelt dann immer sehr glücklich, ihr Blutkreislauf kommt so richtig in Wallung und sie ist zufrieden.
Also, mein Blutkreislauf kommt, wenn ich mit meiner Herzensdame einkaufen gehe auch so richtig in Wallung, vor allem, wenn ich bezahlen muß.
Und außerdem, Heidemarie sollte nicht nur zufrieden sein, vielleicht auch einmal befriedigt werden.
Das hatte aber jetzt so was von gesessen.
Klaus – Dieter war platt und sagte keinen Ton mehr.
Jedenfalls die nächste Viertelstunde.
Ich nahm den Gesprächsfaden wieder als erster auf.
Einkaufen und das mit Frauen.
Eine Tourtour ohne Gleichen, ein Erlebnis der besonderen Art.
Vorgemerkt, wir Männer gehen ja einkaufen, wenn wir etwas dringend benötigen, aber für Frauen ist ja der Einkauf eine Art Ersatzorgasmus. Sie zwängen sich mit brachialer Gewalt in die Konfektionsgröße Achtunddreißig, obwohl sie wissen, daß die Vierzig noch geschmeichelt wäre. Alle Belehrungsversuche durch das Verkaufspersonal sind zwecklos, denn ihrer Meinung nach hat gestern in einem anderen Geschäft noch die Sechsunddreißig gepaßt. Es muß also an diesem Geschäft liegen.
Ich sehe mich bei dem Wort Einkaufen schon schwitzend durch die Gänge von Konfektionsläden rennen und ein Kleidungsstück nach dem anderen zur in der Kabine stehenden Frau schleppen. Von ihr sieht man eh nur den Kopf aus dem Vorhang herausragen und das Mienenspiel zeigt mir, ob ich richtig oder falsch mit meiner Auswahl liege und ich weiß, daß ich oder die arme Verkäuferin das alles wieder zurück bringen muß. Eine Horrorvorstellung undmbei mir, wie auch bei den anderen drei Herren kullerten die Schweißtropfen
die verlängerte Stirn herunter.
Sie litten mit mir.
In ihren Köpfen spielten sich wahrscheinlich ähnliche Horrorszenarien ab wie bei mir.
Aber ich bin ja schon wesentlich cooler geworden. Erst letztens war ich mit so einer Zauberfrau zum Schuheinkauf.
Das ist natürlich dann die absolute Steigerung in den Einkaufsformen der Neuzeit. Stunden in schlecht gelüfteten, nach Fußschweiß riechenden Geschäften zubringen. Eine Strafe, noch vor Freiheitsentzug, denn den hat der gebundene Mann ja schon.
Ich habe da eine ganz neue Methode gefunden, wie sich dies ertragen läßt.
Erst einmal stießen wir zum zigsten male an und dabei fühlten wir uns ganz wohl und nicht einmal von den Frauen allein gelassen.
Zurück zum Schuhkauf. Sofort nach Eintreffen in diesem Konsumtempel setzte ich mich auf einem Stuhl inmitten des Verkaufsraumes, lehnte mich zurück und entspannte mich sichtbar. Frau nahm Besitz von den Lederschätzen im Geschäft. Sie kam dann hin und wieder aus einem der zahlreichen Gänge
angerannt.
Das spannende daran war, die Möglichkeit, wie sie sich mir näherte und wie sie meine Aufmerksamkeit zu erregen versuchte.
Einmal auf Socken, dann wieder mit einem alten Schuh an den einem Bein, einen neuen an dem anderen. Zwei neue Schuhe an und noche einen in der Hand.
Meine Aufgabe bestand nur darin, kritisch zu gucken und zu nicken oder den Kopf zu schütteln und das ging bei aller Entspannung noch sehr gut.
Am Ende hat sie dann sowieso Schuhe gekauft, die sie gar nicht benötigt und schon Dutzende Paar zu Hause rumstanden.
Aufregen werde ich mich dabei aber nicht mehr, denn das würde Mann ja ohnehin nicht ändern, denn Schuhkauf liegt in dieser Form in den weiblichen Genen.
Alle nickten nach meinen dieses mal etwas längeren Ausführungen und fingen an darüber nachzudenken.
Hans – Dieter hatte dabei seine Stirn, um richtig tiefgründig nachzudenken, auf das Bierglas gelegt und die Augen geschlossen.
Karl – Heinz hatte seinen Rollkragenpullover um eine Nuance Senf verbessert, was ihm noch unwiderstehlicher machte, natürlich nur für Bockwürste.
Klaus-Dieter wollte seiner Heidemarie am Morgen gleich einen Kuchen backen. Ich dachte mir nur, hoffentlich bekommt er auch mal was anderes gebacken und sagte laut, „schiebe deinen Kuchen ruhig mal in die heiße Röhre, Heidemarie wird sich bestimmt freuen!“.
Ich glaube aber, der Depp hat das noch immer nicht begriffen, denn er sagte: „Ich werde eine Obsttorte machen, den Boden habe ich noch fertig da und da ist alles erfrischend kalt.“
Da fällt einen nichts mehr ein!
Hans-Dieter war von seinem Bierglas erwacht, hatte noch den Ring und Schaum auf der Stirn und sagte: „een vertel Kuchen tätsch abber ooch nehm!“
Bloß gut, daß kein Wessi in der Kneipe war, denn der hätte am Ende gar nicht gewußt wieviel von dem Kuchen er bekam.
So ist nun aber das Leben, am Ende waren wir wirklich auch am Ende und lösten für diesen Freitag endgültig unseren Stammtisch auf und vier Gestalten von männlicher Schönheit, so werden es später einmal die Analen berichten, wankten nach Hause und bekamen an diesem Tage garantiert nichts mehr in die Reihe.
Das mußten sie aber auch nicht, denn alle wußten ja, es war Stammtischzeit.
© Jürgen Rüstau
Frauen wollen immer nur das Eine…
Wie jedem Freitag hatten wir uns wieder in unserer Stammkneipe zusammengefunden, um über das Leben, die Frauen und überhaupt, über alles was unsere Gemüter die Woche über erhitzte zu philosophieren. Dieser Freitag war zu einer Tradition geworden.
Er war sozusagen ein Muss in jeder Woche des männlichen Jahres.
Ganz besonders dieser Freitag, der letzte im durchaus ereignisreichen Jahr.
Wir, das heißt, Karl-Heinz, Hans-Dieter, Klaus-Dieter und ich, hatten uns zu absoluten Frauenkennern und Frauenverstehern, erklärt.
Genüsslich schlürften wir unser Bier und unseren Wein und kamen schnell auf unser Lieblingsthema – Frauen – zu sprechen.
Vergleichsmöglichkeiten hatten wir in unserer Kneipe äußerst selten, da sich Frauen hierhin auch selten verirrten. Wir konnten uns das allerdings nur damit erklären, dass das Niveau für Frauen hier viel zu hoch war und kulturell gesehen, das Verständnis der Frauen in dieser Hinsicht oft fehlte. Ich persönlich muss aber sagen, Kneipen ohne Frauen sind mir manchmal sehr unheimlich.
Karl-Heinz stimmte uns gerade auf seine Einleitung ein. Es war der übliche Satz, welchen er über den gesamten Abend mehrfach wiederholte, ohne uns auch nur den geringsten Lösungsweg seiner These aufzeigte: „Frauen wollen immer nur das eine…“.
Als das Bier nun seinen kurzen Weg, vom Mund bis zur Blase antrat, betrachtete ich mich und die mir gegenüber sitzenden Herren der Schöpfung.
Wir waren doch äußerst graziös anmutende Geschöpfe dieser Menschheit, stellte ich fest. Nun gut, mal abgesehen von unseren Glatzen, dem leicht wippenden Doppelkinn und unseren Brillen, traf die Graziösität auf uns natürlich im vollen Umfang zu.
Aber, stellte ich zufrieden fest, ich hatte schließlich noch meine eigenen Zähne und diese zeigte ich dann auch gleich mit dem strahlendesten Blendamed – Lächeln auf dieser Welt.
Wir konnten uns noch sehen lassen, zu mindestens in unserer Kneipe.
Ja, fing ich in Gedanken an zu schwärmen, ja hier hatte ich nach der Trennung von meiner Frau vor einigen Jahren neue Freunde gefunden, hier durfte ich wieder Mensch sein.
Hier, in meiner Lieblingskneipe.
Erst war es eine Flucht vor dem Alltag,
den täglichen Lügen.
Immer wieder sich selbst betrügen,
im Selbstmitleid verfallen,
sich an die vergangene Beziehung krallen.
Nicht loslassen den Partner,
den man so liebte,
obwohl der Alltag die Liebe längst besiegte.
Eine Liebe die viele Jahre hielt,
eine Achterbahnfahrt des Lebens,
nie mit den Gefühlen des anderen gespielt.
Jetzt sitze ich bei einem Glas Wein,
denke über alles noch einmal nach,
die dunkelste Kneipe
wird mein schönstes Gemach.
Finde dort neue Freunde,
rede über Gott und die Welt,
hab gerade das zweite Glas Wein mir bestellt.
Die Zunge gelockert,
man redet und redet, die Zeit vergeht.
Vergessen die Sorgen,
die hier ohnehin keiner versteht.
Das Leben geht weiter,
eine neue Liebe beginnt sich zu entfalten.
Die Oase des Sorglosen,
meine Lieblingskneipe,
bleibt mir erhalten.
Die Liebe sie kommt, die Liebe sie geht,
nie vergesse ich Raum und Zeit,
in welcher meine Lieblingskneipe steht.
Als ich mich an dieses Gedicht erinnerte, das ich damals geschrieben hatte, lächelte ich in mich hinein und dachte wieder einmal über Anka nach und träumte in den Abend hinein.
Ich erinnerte mich an die weisen Worte des großen Manitu:
„Trinke nur was klar ist, rede was wahr ist, iss nur was gar ist, sammle was rar ist und liebe was gerade da ist.“
So was von wahr.
Ich wurde nur von Karl-Heinz’s „Frauen wollen immer nur das eine…“ aus meinen Gedanken gerissen.
Aber ihm hörte sowieso keiner mehr zu und Hans-Dieter übernahm das Redezepter.
In seinem typisch sächsischen Dialekt berichtete er über seine Erfahrung der vergangenen Woche mit der Frauenwelt der Stadt.
„Da saß ich nuu am Sonntag mit meinen Schwacher Bernd-Günther am Markt offn Freisitz und wir guggten nur so in de Welt rum.
Neben uns, da hockten zwee Weiber und guggten in Kerlen hinterher.
Das störte uns abber überhaupt nich, denn das machen wir ja och.
Abber als die eene dann zur andern sachte, gugge mal, dass is abber ne geile Schnalle , da warn wir abber schockiert.
So wass würden wir abber nie übber een Weib sachen“.
Wir nickten Hans-Dieter zustimmend zu und ertranken unseren Schock in den neben uns stehenden Getränken.
Dabei schüttelten wir uns sichtbar vor Ekel, über diese verruchten Frauen in der doch so verruchten Welt.
Darauf hin vertilgte jeder von uns eine Bockwurst mit Kartoffelsalat und vernichteten die eventuell darin enthaltenen Salmonellen gleich mit einem Jägermeister.
Hans-Dieter brüllte vorm Trinken noch: „ Achtung, Alarm voorn Darm“, und rannte dann auch gleich ganz schnell in Richtung Toiletten.
Karl-Heinz jammerte dann auch gleich wieder: „Frauen wollen immer nur das eine, aber ich mache das nicht mit“.
Was immer das auch war, wir nickten zustimmend mit einer derartigen Entschlossenheit, die der gesamten Frauenwelt Angst einjagen müsste. Ich versuchte noch einmal darüber nachzudenken was Karl-Heinz nicht mehr mit machen wollte. Dachte mir, er wolle wohl nicht mehr mit seiner Brigitte schlafen oder ihr nicht mehr so viel Geld geben, verwarf aber diese Idee sofort wieder.
Hier ging es garantiert um etwas Größeres und nicht um solche Kleinigkeiten und Belanglosigkeiten, wie Sex oder gar Geld.
Ja, unser Lieblingsthema hatte seinen Höhepunkt erreicht, den Sex mit Frauen.
Und da konnten wir so richtig mit reden.
Klaus-Dieter nahm dann auch sofort den Faden auf. „Wir Männer sind doch arg beschissen dran. Nachdem wir den Frauen beim stundenlangen Vorspiel unsere Zärtlichkeit bewiesen haben…“
Scheißvorspiel, unterbrach Karl-Heinz die Worte von Klaus-Dieter, du hupst ja auch nich ne Viertelstunde vor der Garage, ehe du hinein fährst.
Wir brachen natürlich sofort in schallendes Gelächter aus, nur Klaus-Dieter philosophierte weiter: „… dann nach dem Vorspiel so richtig unseren Mann gestanden haben und man noch ein paar Streicheleinheiten durch die Frau benötigen würde, was machen dann diese Superweiber?, sie drehen sich zur anderen Seite um, schlafen sofort und schnarchen laut.“
Mit ernster Miene nickten wir zustimmend und seufzten, ja welcher Mann hat nicht schon diese schlimme Erfahrung gemacht.
Wir liegen nach diesem weiblichen Akt schlaflos mit tellergroßen Augen im Bett und fügen uns dann die erwarteten Streicheleinheiten selbst zu, bis das Wesen neben uns im Bett er staunt aufschaut und energisch spricht: „Hample neben mir nicht so rum, da kann man ja nicht einmal in Ruhe schlafen!“.
Da haben wir wieder den Nagel auf den Kopf getroffen, Mann kann nicht schlafen – Frau schon.
Ja, ja schnarrte Karl-Heinz wieder im gleichen Tonfall: „Frauen wollen immer nur das Eine…“ Aber nach seinen zwölf Bier wusste er auch nicht mehr schlüssig was sie wollten.
Karl-Heinz winkte nur ab und versuchte das Bierglas in drei Zügen in Richtung Mund zu führen, was ihm aber mindestens drei mal misslang.
So schaute er es bloß noch missmutig an, seine Gesichtszüge hatten sich auf ein Dauergrinsen eingestellt, welches er bis zur Auflösung unserer Stammtischrunde
bei behielt.
Klaus-Dieter, der am kürzesten, von den anderen Dreien in einer Beziehung stand, sagte in einem Tonfall, wie wenn im Radio die Pegelstände der Bode durchgeben würden, „Sex ist das wichtigste, das aller wichtigste in einer Beziehung“.
Wir schauten uns fragend an und fingen sofort an zu grinsen, auch Karl-Heinz, aber der grinste schon die letzte halbe Stunde.
Wir wussten ja alle, dass Klaus-Dieter, der nun schon ein halbes Jahr mit seiner Heidemarie zusammen war, noch nie mit ihr geschlafen hatte, außer eben des Nachts so richtig geschlafen hatte.
Aber große Töne konnte der spucken, nur wenn Heidemarie in ihrer Kampfausrüstung das gemeinsame Schlafzimmer betrat, bekam er Migräne oder er musste dringend weg, weil seine Großmutter einen Zahn bekam, oder so ähnlich.
Arme Heidemarie dachte ich, ob du wohl jemals Sex mit Klaus-Dieter haben würdest?
Egal!
Es war weit nach Mitternacht. Auf mich wartete zu Hause nur mein Bett und ein Fussel in meinem Bauchnabel und dem war ich keineswegs rechenschaftspflichtig.
Zu Hause lag ich dann noch eine ganze Weile wach im Bett und überlegte was wohl die Frauen nun so von den Männern wollten und was Karl-Heinz nun auf keinen Fall mit machen wollte. Es wollte mir aber partout nicht einfallen. So beschloss ich, Karl-Heinz gleich am Samstag morgen anzurufen und ihm danach zu fragen.
Dann schlief ich fest und störungsfrei in meinem Bett allein ein und keine fragte mich nach meinen nächtlichen Aktivitäten aus oder störte mich dabei gar.
Samstagmorgen
Der Samstagmorgen begann für mich so gegen halb zwölf.
Ich hatte sehr gut geschlafen, duschte mich, trank den ersehnten Kaffee um dann gut gelaunt Karl-Heinz anzurufen.
Eine muffelige Stimme schallte mir vom anderen Ende der Leitung entgegen und bohrte sich schnarrend in meine Gehörgänge:
„Was issn?“
Nein, hatte der eine Nacht hinter sich.
Und sofort jammerte er wieder: „Frauen wollen immer nur das eine, aber das mache ich nicht!“
„Was machst du denn nicht“, fragte ich ungeduldig und wissbegierig zu gleich.
„Immer , wenn ich nach unserem Stammtisch völlig besoffen nach Hause kam wollte sie…“
„Sex?“ stoppte ich seinen Redefluss.„Nein, das würde ich ja zur Not noch ertragen“, sagte Karl-Heinz, „aber diese verrückte Nudel hat sich in den Kopf gesetzt, sie will nur das eine, sie will das nächste mal mit zu unserem Stammtisch kommen, und da mache ich nicht mit!“, sagte Karl-Heinz mit aller Entschlossenheit dieser Welt.
„Nein“, rief auch ich völlig entsetzt, „unsere letzte Männerdomäne werden wir auf gar keinen Fall der Frauenwelt opfern! Und wenn wir dafür sterben müssen“ fügte ich in einen an Dramatik brillierenden Ton hinzu.
Wir waren uns einig, das eine, was diese Frauen wollten, werden wir nicht tolerieren!
Koste es was es wolle und wenn wir mit dem Bierglas in der Hand sterben müssten, wir würden dafür kämpfen, dass niemals eine Frau mit an unserem Stammtisch sitzt!
Wir haben nichts gegen die Frauenbewegung, Hauptsache sie bewegt sich vom Stammtisch weg!
© Jürgen Rüstau