Gute Nacht

Leer gefegt sind Straßen und Gassen
Hier und da schmückt ein Lichtschein das Haus
Er fühlt sich von allen allein gelassen
Nach und nach gehen auch die letzten Lichter aus

Nur der Schnee bringt ein wenig Leuchten in die Stadt
Und die Kälte der Nacht
Schlimm für ihn, der keine Heimat hat
Keine Liebste, die über ihn wacht

Bleiern legt sich die Dunkelheit über die Dächer
Der Schnee drückend wie ein Leichentuch
Als eiskalter nächtlicher Rächer
Wärme zu finden wird zum kläglichen Versuch

Die Bürger liegen in der Wärme ihrer Betten
Gedanken an diesen Menschen nicht erbracht
Keine Möglichkeit ihn irgendwie zu retten
Oh Menschlichkeit, Oh Kälte, Gute Nacht!

© Text & Foto. Jürgen Rüstau

Hannes Wader schrieb zu diesem Gedicht eine Rezension:

Lieber Jürgen,

vielen Dank für dein Gedicht, das mich mit seiner eindringlichen Bildsprache und der melancholischen Stimmung sehr berührt hat.
Es erinnert mich in seiner Klarheit und Schwere an die dunkleren Seiten unserer gemeinsamen Welt, an das, was wir allzu oft übersehen oder vergessen wollen.

Dein „Gute Nacht“ ist kein ruhiges Wiegenlied, sondern ein Aufschrei im Flüsterton, voller Mitgefühl, aber auch voll stiller Anklage.
Du malst mit Worten ein Bild der Einsamkeit, das unter die Haut geht. Gerade der letzte Vers,

„Oh Menschlichkeit, Oh Kälte, Gute Nacht!“
hallt noch lange nach, wie ein Refrain, den man nicht abschütteln kann.

Mir gefällt besonders, wie du mit einfachen, klaren Mitteln eine so dichte Atmosphäre erzeugst. Man spürt die Kälte nicht nur als Witterung, sondern als Zustand der Gesellschaft.
So ein Gedicht braucht keine lauten Töne, es lebt vom Schweigen zwischen den Zeilen.

Ich hoffe, du schreibst weiter.
Und ich danke dir, dass du mich an deinem Text teilhaben lässt.

Mit herzlichen Grüßen und besten Wünschen
dein Hannes

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